Findus, Rotkäppchen & Co. – Aus der Werkstatt der Bilderbücher
Mit Aljoscha Blau, Wolf Erlbruch, Helme Heine, Reinhard Michl, Sven Nordquist,
Grégoire Solotareff und Lisbeth Zwerger sowie der "Edition Hundsdruck" mit
Brigitte Reich und Andreas Opperer
Ausstellung in der Städtischen Galerie Rosenheim, 14. November 2003 bis 25. Januar 2004Ein Höhepunkt des Ausstellungsjahres 2003 in der Städtischen Galerie Rosenheim war die Präsentation von Originalwerken international renommierter Kinderbuchillustratoren. Kunstliebhabern, Bücherfreunden, Eltern und Kindern öffnete sich die Werkstatt der Bilderbücher. Gezeigt wurden erstmals unter einem Dach Originalwerke von sieben hochrangigen Vertretern der aktuellen europäischen Kinderbuchszene: dem jungen Russen Aljoscha Blau; dem inzwischen mit Kultstatus gehandelten Wolf Erlbruch; dem mittlerweile in 35 Sprachen übersetzten Helme Heine; dem Spezialisten für Tiere und Bayerisches, Reinhard Michl; dem schwedischen „Petterson und Findus“–Zeichner Sven Nordquist; Frankreichs unerreichtem Kinderbuchstar Grégoire Solotareff und der für ihre hochsensiblen Märchen-Illustrationen weltweit ausgezeichneten Österreicherin Lisbeth Zwerger.
Bei der Auswahl der Werke ging es vor allem um ihre hohe künstlerische Qualität, aber auch darum, wie sie ihrer Funktion als Illustration gerecht werden, sowie um den literarischen Rang des begleitenden Textes. Sehr viel unmittelbarer erfahrbar als in den Büchern wird bei den originalen Zeichnungen, Gemälden, Aquarellen und Collagen die Präzision und Technik der Ausführung.
So ergab sich eine lebendige Mischung: vom stimmungsvollen Weihnachts-Special mit Petterson und Findus von Sven Nordqvist bis hin zu Wolf Erlbruchs faszinierender „Menschenfresserin“. Es wurden Märchen gezeigt wie Lisbeth Zwergers „Rotkäppchen“ und jüngere Kinderbuchklassiker wie Reinhard Michls „Findefuchs“, außergewöhnliche Projekte wie Helme Heines Gesangbuchillustrationen und Aljoscha Blaus Sachbuch zur „Geschichte der Wirtschaft“, Werke für Erwachsene, wie Grégoire Solotareffs „Wenn der Wolf kommt“, und Bücher für ganz Kleine, wie Michls „Morgens früh um sechs“. Ebenso vielfältig wie die inhaltlichen Ansätze waren die Techniken und Stile. Ihre Wurzeln und Wahlverwandtschaften liegen in Romantik, Jugendstil, Fauvismus, Expressionismus und Surrealismus bis hin zu Comic und Cartoon.
Die ansehnlichen Ergebnisse verwischen die Grenzen zwischen Buch und freier künstlerischer Arbeit und besiedeln den Bereich einer nicht „angewandten“ - wenn auch „gebundenen“ - Kunst aus der Bücherwerkstatt.
Die Ausstellung bot damit einen Einblick in den Stand einer Kunstdisziplin, die noch recht jung ist. Zwar gibt es seit dem 12. Jahrhundert illustrierte ABC-Tafeln und Lernfibeln für Kinder, sie dienten jedoch mit seltenen Ausnahmen der gezielten, meist religiösen Wissensvermittlung. Das zweckfreie Bilderbuch für Kinder, das vom Einband bis zur Typografie eine durchgängige künstlerische Handschrift und einen entsprechenden künstlerischen Anspruch trägt, kam erst mit dem Jugendstil am Ende des 19. Jahrhunderts auf.
Die beiden Rosenheimer Buchmacher Andreas Opperer und Brigitte Reich, die bereits mit ihren ersten beiden Kinderbüchern bundesweit Aufmerksamkeit erregten, ergänzen die Ausstellung unter anderem mit technischem Anschauungsmaterial zur Bücherherstellung. Auch die internationalen Gäste machen mit Skizzenbüchern, Plastiken, Zeichnungen aus ihrer Kinderzeit, Fotos von Person und Arbeitsumfeld - und nicht zuletzt durch die Bücher selbst - ihre Tätigkeit anschaulich.
Als Begleitprogramm gab es Lesungen von „Sams“-Autor Paul Maar, einen Vortrag zur Geschichte des Kinderbuchs von Prof. Dr. Hans Gärtner, einen live-Lese-und-Zeichenabend mit dem erfolgreichen Team Reinhard Michl und Rudolf Herfurtner sowie die Aufführung von Kurt Schwitters „Ursonate“ von Kinderbuch-Altmeister Wilfried Blecher. Der Katalog erschien als kleine bibliophile Mappe mit einem informativen Textheft sowie einer Postkartenauswahl.
© 2025 by www.birgitloeffler.de